Die Wahlkampfstrategie der CSU, jedes mögliche Streitthema verbal auf die Seite zu räumen, fordert zwangsläufig Opfer. Bei der Diskussion um die Abstandsflächen von Windkraftanlagen sind das die eigenen Ziele der Staatsregierung zur Energiewende und das Vertrauen in die Genehmigungsbehörden. Denn die beteiligten Ministerien fordern die Genehmigungsbehörden in den Bezirksregierungen und Landratsämtern auf, Neuplanungen nicht nach geltendem Recht, sondern auf Basis eines windigen Wahlkampfmanövers in Form eines Gesetzesentwurfs von Bayern und Sachsen im Bundesrat ohne echte Erfolgsaussichten zu beurteilen.
Die Staatsregierung hat sich selber als Ziel gesetzt, die Energiewende in Bayern einzuleiten. Ein wesentlicher Teil des zu ersetzenden Stroms aus Atomkraftwerken sollten 1500 Windkraftanlagen liefern. Soweit, so gut und auch kaum umstritten. Bis Ministerpräsident Seehofer offensichtlich Angst bekam vor dem Unmut der Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen mit Folgen bei der Landtagswahl. Die ins Spiel gebrachte, willkürliche Abstandsfläche von "10H", also der zehnfachen Höhe einer Anlage, konterkariert alle sachgerechten Abwägungsprozesse, die bisher vorgenommen werden, um dem Einzelfall und allen betroffenen Interessen gerecht werdende Genehmigungen zu bekommen. Um das durchzusetzen, haben am 5. Juli 2013 Bayern und Sachsen einen Änderung der bisher geltenden Gesetzeslage eingebracht, um zukünftig die Abstandsflächen mit einer Öffnungsklausel durch die Bundesländer festlegen zu lassen.
Mit den Schreiben vom 7. und vom 30. August nehmen die beteiligten Ministerien Bezug auf diesen Vorschlag, dem nach bisherigen Äußerungen verantwortlicher Politiker/innen kaum Erfolgsaussichten beschieden sind. Das stört die unterzeichnenden Ministerialdirigenten anscheinend nicht, diese gehen davon aus, dass ein Entwurf der Staatsregierung schon quasi Gesetz ist und schreiben: "Bis zum Inkrafttreten der beabsichtigten Gesetzesänderung sollen keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, sofern nicht Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen." Und weiter sollen Neuplanungen nicht nach geltendem Recht sondern nach einem windigen Wahlkampfmanöver vorgenommen werden: "Für Neuplanungen bedeutet dies, dass sie dem Ziel der gesetzlichen Neuregelung nicht zuwiderlaufen sollen." Auch wenn noch darauf verwiesen wird, das geltende Recht zu beachten sei, widerspricht das Schreiben allen Grundsätzen guter Verwaltungspraxis und unterbindet den weiteren Ausbau der Windkraft in Bayern vollständig.
Es bleibt zu hoffen, das solcher in amtliche Schreiben gegossener Populismus nach dem 15.9. wieder aufhört - sei es durch einen Regierungswechsel oder durch ein zur Vernunft kommen der bisherigen Regierungskoalition.
Die beiden Schreiben und eine Pressemitteilung des Bayerischen Städtetags sind "hier" zu finden